Donnerstag, 31. Oktober 2013

Una: Orangenmorgen


Ich wache auf, weil meine Katze mein Ohr leckt und es so warm wird in meinem Zimmer, dass ich meine feuchte Haut unter der Decke spüren kann, dass ich spüre, wie der Schweiss auf meinen Fingerspitzen sich mit dem Schweiss auf meinem Bauch vermischt. Ich schlage die Decke zurück. Die Katze legt eine Pfote auf meine Stirn. Gestern Nacht war alles kaltnass, mindestens von dem Punkt an, an dem das Wasser entzweibrach und mein Pink-Floyd-Shirt davontrieb auf dem Fluss, ich mich so schwer und betrunken fühlte im Wasser, so verloren – man sagt, die Nächte der Jugend sind unvergesslich, dabei ist der grösste Teil der Nächte schwarz und einsam. Die einsamsten Nächte sind diejenigen, die man in den Armen anderer Gestrandeter verbringt, vor allem, wenn man genau weiss, dass sie einem ebenfalls als Mitgestrandete und nicht mehr sehen.
Wie immer am Samstagmorgen kaufe ich im Laden zwei Strassen weiter Orangensaft und will mich damit auf den Balkon setzen und dämmern. Häschen läuft mir über den Weg. Ich mag das, wenn ich samstagmorgens in der Stadt zufällig Freunde treffe. Ich verabrede mich nicht gerne. Häschen und ich setzen uns an den Fluss und essen ein paar Heidelbeeren. Ich weiss nicht, wieso er Heidelbeeren dabei hat. Am Schluss küsst er mich. Ich erzähle ihm von Adorno und dem Fluss gestern Abend. Auf dem Heimweg fällt mir ein, dass ich noch den Orangensaft in meiner Tasche habe. Er ist warm geworden. Ich nehme ihn heraus und werfe ihn in die nächste Mülltonne.

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