Samstag, 19. Oktober 2013

Adorno: Dosenbier


Im Bus schlafe ich ein, mein Handy vibriert und die Fensterscheibe neben mir auch, und ich kann nicht lange schlafen, schaue auf den Bildschirm: Komm runter zum Fluss. Es ist der Papagei.


Wo hast du eigentlich gepennt?, fragt mich der Papagei und reicht mir eine Dose Bier. Es ist zehn Uhr morgens. Meine Hose ist inzwischen trocken.

Bei J. Und du?

Hast es nicht mehr geschafft, hm? Ich war bei Tonna.

Ich nehme einen Schluck. Es ist lauwarm und mir wird halb schlecht davon. Aber vielleicht denke ich so weniger über gestern Abend nach. Der Papagei kann einen gut ablenken.

Und, ist was gelaufen?

Ne, quatsch. Du kennst ja Tonna. Die ist ein bisschen verklemmt. Gewollt hätte sie schon. Aber kennst mich ja. Ich nehm Rücksicht auf so was.

Auf was er Rücksicht nimmt oder inwiefern Tonna denn wollte, aber zu verklemmt war, ich gehe nicht darauf ein. Das muss ich auch nicht. Der einzige Grund, wieso der Papagei und ich befreundet sind: Ich frage genau so viel nach, wie er gerne erzählt. Ich lasse ihn in dem Licht stehen, in dem er sich selbst gerne sieht. Während ich weiss, dass er bei Tonna genauso chancenlos ist wie bei Una oder Aila oder Fee. Wobei, bei Fee vielleicht nicht völlig chancenlos. Aber Fee ist auch was anderes. Er dafür fragt mich nicht, wieso ich nach Pisse rieche oder bei Partys immer nur am gleichen Ort sitze und fast nie mit jemandem rede. Ich mag den Papagei dafür, dass er genauso scheisse ist, wie er sich gibt. Er ist wirklich der unsympathische Idiot, für den ihn alle halten. Deshalb lasse ich ihn in Ruhe und trinke sein ekliges Dosenbier. Besser, als zu duschen und schlafen zu gehen und irgendwie versuchen, mich auszuruhen. Das Schlimmste, was man nach Partys tun kann: Sich ausruhen. Dann beginnt man nur nachzudenken. Irgendwann merkt man, dass der Abend, der in der Morgendämmerung noch am Horizont schimmert wie ein fernes Abenteuer, das man durch die Dicke des Rauches versponnen erkennen kann, im Tageslicht betrachtet scheisse aussieht. An Partys passiert wenig Gutes. Leute tanzen auf Tischen, versuchen, einander abzuschleppen, betrunken zu machen oder zu demütigen, oder alles zusammen. Besser mit dem Papagei hiersitzen. Besser hier sitzen und Carl-Theodor-Bier trinken und so tun, als glaube man, dass Tonna auf den Papagei abfährt.

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