Mittwoch, 9. Oktober 2013

Quentin: Blaue Kent



Blaue Kent
Ich sitze auf einer kleinen, grüngelben Wiese am Fluss. Ich bin nochmals eingeschlafen und nochmals aufgewacht. Mir geht es besser jetzt, die Träume waren heller, klarer, weniger verworren und bedrängend, der zähe grüne Schleim in meinem Kopf ist beinahe fort. Die Welt riecht immer noch ein wenig schlecht, vielleicht ist der Geruch in meiner Nase, in meinem Schädel, vielleicht bin ich schizophren und er verfolgt mich nun für immer. Wie Tinnitus. Ich durchsuche meine Jackentaschen nach Kaugummi und finde eine halbvolle, zerquetschte Packung Kent, die nicht mir gehört. Ein blassrosa Feuerzeug mit Pferden darauf ist drin, was ich seltsam finde. Es hat etwas Kindliches, als gehöre es einer Primarschülerin mit braunen Locken und Glitzerfingernägeln und einem Stapel Wendyheftchen, die sie während der Mathestunde unter dem Pult liest und daraus Zitate in die Freundschaftsbücher ihrer Freundinnen abschreibt. Aber was sollte ein solches Mädchen mit einem Feuerzeug und einer Packung blauer Kent? Die Zigaretten könnten Fee gehören, das würde passen, aber ich habe keine Ahnung, wie sie in meine Jackentasche gekommen sind. Mein Bezug zu Fee ist nicht so toll, dass sie mir ihre Zigaretten schenken würde, und ich bin nicht der Typ, der einem Mädchen die Zigaretten stiehlt, wenn es gerade nicht hinsieht oder anderswie beschäftigt ist. Obwohl, bei Fee wäre das irgendwie noch ganz amüsant. Ich glaube auch nicht, dass es ihr auffallen würde, Fee raucht nur, wenn Leute dabei sind, und auch nur, weil sie denkt, das mache sie verführerisch. Aber da bräuchte es schon mehr als das bisschen Rauch vor ihrem Gesicht, dass irgendjemand von uns Fee begehren könnte. Ausser vielleicht der Papagei, aber der steht auch auf alles, was lange Haare hat und auf den ersten Blick nach Frau aussieht. Was macht der Papagei bei Tonna? Die Zigaretten sind seltsam, der Filter ist nicht orange, sondern weiss und hat einen blauen Strich drauf. Klick-Zigaretten, auch das noch. Ich zünde die Zigarette mit dem Pferdefeuerzeug an und widerstehe der Versuchung, sie zu klicken. Die Versuchung kommt nicht aus mir, von innen, fremd und uneingeladen und widerlich steht sie vor mir und grinst mir anzüglich zu. Ich will kein Pfefferminz in meinem Rauch, in meinen Atemwegen, und eine ungeklickte Klickzigarette zu rauchen ist, als würde ich der Versuchung mit der Faust ins Gesicht schlagen, bis sie Blut auf den Boden spuckt und sich mit dem Ärmel über Mund und Nase wischt und rot schmiert sie sich die gefärbte Spucke, den gefärbten Rotz über die Wangen und im Mundwinkel sammeln sich Blutblasen, kleine nur, die aufblubbern und lautlos zerplatzen.
 

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