Sonntag, 27. Oktober 2013

Aila: Über Wasser


Kommst du auch, wir springen von der Brücke, fragte Una mich gestern Abend, flüchtig, an meiner Schulter vorbei, wie ich so in der Ecke des Balkons stand und den Filter meiner Zigarette rauchte. Js Party war da schon fortgeschritten gewesen, und ich hatte Una längst dreimal verloren und dreimal wieder gefunden. Sie trug eines ihrer Bandshirts von irgendwem und stand meist in einer Gruppe Menschen und lachte und unterhielt sich über Bands und T-Shirts, die ich nicht kenne. Ich kenne mich schlecht aus in Musik. Zum Malen höre ich immer Adam Lambert. Aber das weiss keiner. Ja klar, sagte ich, drückte endlich meine Zigarette aus und folgte ihr ins Haus und die alte Treppe runter.

Als wir am Fluss standen, Adorno war auch mitgekommen, aber er schlurfte irgendwo hinterher, lehnte Una sich leicht übers Geländer, sodass die Stange ihre Brüste hochdrückte. Der Fluss spiegelt die Sterne, sagte Una und zog ihr Oberteil aus, als wolle er unsere Realität in Frage stellen. Adorno sah sie von der Seite her an. Dann setzte sie sich aufs Geländer und liess die Beine über dem Wasser baumeln. Ich zog mein T-Shirt ebenfalls aus, dann merkte ich, dass ich einen hautfarbenen BH trug, und ich fragte mich, ob das jetzt sexy ist oder nicht.

Als ich ins Wasser eintauchte, als ich merkte, wie der Stoff meiner Jeans mich nach unten zog, als ich merkte, wie schwarz alles unter Wasser war und wie hell darüber, war die Nacht für einen Moment unterbrochen und schön. Ich lag in den Sternen. Ich bewegte meine Beine, um nicht unterzugehen. Im Wasser war mein Körper blass und leicht.
Una und Adorno schwammen ein Stück links von mir. Ich schwamm zu ihnen hinüber, sagte zu Una: Du hattest recht, es war echt geil. Sie nickte. Sagte ich's doch. Sie stützte sich auf Adornos Schulter ab. Sie sahen beide so schön aus vor der Waldkulisse, wie auf einem Plattencover, wie sie leicht frierend in die Ferne schauten. Es war ein Bild, das man am liebsten zwischen seinen Fingern zerreissen will, oder noch besser zerreiben, wie Sand, ohne Überreste. Aber stattdessen versuchte ich nebenan, mich über Wasser zu halten, und fror, und niemand auf der Welt hatte bemerkt, dass zwölf gerade vorbei war. Gehen wir langsam – begann ich.
Pscht, machte Una und wischte sich das Wasser aus den Augen. Ich will den Fluss hören.
Adorno sagte nichts. Er hatte die Hand auf Unas Taille gelegt und zog sie jetzt enger an sich.

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