Donnerstag, 17. Oktober 2013

Adorno: Schuhe im Vorzimmer



Bei J zu Hause riecht es nach Käse. Das ist mir schon gestern aufgefallen, als ich um acht als Erster da war und ihm geholfen habe, das Bier aus dem Keller raufzutragen. Aber jetzt ist der Geruch wie Kleber auf der Haut. Sogar meine Tasche riecht nach Käse. Meine Füsse sind nackt. Auf dem Weg zum Badezimmer trete ich auf ein paar Chips, die kleinen Stücke bleiben an meinen Fersen kleben. Ich habe Lust, mich zu übergeben, aber mein Magen ist leer. Ich trinke einen Schluck Wasser und spucke ihn gleich wieder aus. Erst auf der Toilette merke ich, dass ich gar keine Hosen trage. Wo sind meine Hosen? Ich gehe zum Sofa zurück, sie liegen daneben auf dem Boden und riechen merkwürdig. Ich ziehe sie trotzdem an, tappe über den Flur und nehme meine Schuhe, es stehen nicht mehr so viele andere da wie gestern Nacht, noch ein paar Ballerinas und so was. Una trägt nie Ballerinas. Also hat sie nicht hier geschlafen. Leise schiebe ich die Türe auf, trete hinaus und ziehe sie hinter mir wieder zu. Das Chaos in dem Haus will ich nicht aufräumen. Ich habe ja schon beim Alktragen geholfen.

Die Luft ist feucht und kühl und in den Sträuchern links und rechts des Eingangs hängt schwerer Tau. Ich denke an Una. Meine Hose ist klebrig in den Kniekehlen; ich ekle mich vor mir selbst, vor dem käseriechenden Haus und vor den Rhododendronbüschen davor. Mit der Hand fahre ich durch die kleinen stacheligen Heckenblätter. Sie fühlen sich an wie Plastik.

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