Sonntag, 10. November 2013

Aila: Teppichflusen


Ich stehe auf und gehe ins Bad und vor dem Spiegel denke ich: Ich sehe aus wie ein Typ, ich sollte mir mal wieder meine Augenbrauen zupfen; dann beginne ich an dem kleinen Hügel am linken Mundwinkel herumzukratzen, das Sonnenlicht durchs Fenster tut weh im Kopf, und ich frage mich, ob gestern wirklich zwei Sex hatten auf dem Klavier, Una hat nicht gewusst, wer es war, aber sie meinte, Adorno hätte es ihr gesagt, und der erfindet sowas nicht. Lehne mich zurück an die geflieste Badezimmerwand, ziehe mein Schlaf-T-Shirt aus; blasse Brüste und ich frage mich, wie das ist auf einem Klavier, ob man da den Deckel über den Tasten geschlossen hat und ob mich auch mal jemand an ein Klavier drücken wird. Wieso tun das eigentlich immer die Leute, von denen man es sowieso erwartet? Ich meine ich weiss nicht, wer es war, aber es war sicher ein Typ mit Karohemd, und es war sicher ein Mädchen mit kurzen Jeanshöschen, es gab so viele von denen dort, so viele, ich weiss gar nicht, woher J die alle kannte.
Ich ziehe meine Unterhose aus und werfe sie auf den Teppich und habe plötzlich Lust, auf die Flusen zu spucken. Doch dann wäre der Teppich einfach feucht, und selbst wenn ich nackt in den Garten stehen würde, würden meine Nachbarn einfach blöd dreinschauen und schlimmstenfalls ihren Sonnenschirm aufstellen, um mich nicht sehen zu müssen, selbst dann würde nichts Unerwartetes oder Aufregendes passieren, und alles war so vorhersehbar.

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