Als
ich zurück war vom Fluss, die Haare nass und stinkend und die Jeans,
sie klebten in meinen Kniekehlen, und ich fror, da stand ich vor der
Haustüre, wo niemand war, lehnte mich an und fragte mich, ob es
immer und überall eine Person zu viel gab, die Übriggebliebene,
die, der am Achtzehnten nicht gratuliert wurde, die
Nebendarstellerin. Dann kam Häschen zur Tür hinaus. Häschen hat
eine hübsche Art, irgendwo aufzutauchen, einen immer etwas
verwunderten Blick und wirkt überall, als hätte man ihn gerade ins
Bild geschnitten. Trotz der blauweissen Karohemden und Allstarschuhe
und Shampoolocken wirkt er immer irgendwie weltfremd. Gestern Abend,
als er durch diese Haustüre zu mir kam, tropfte ihm Bier von der
Unterlippe, und er fuhr mit seiner Hand unschlüssig über meine
Haar, eine schnelle, fahrlässige Bewegung, als wolle er Schmutz von
mir abwischen. Nachher redeten wir, das ging ungefähr so:
Häschen Wieso
bist du so nass?
Aila Ich
bin von der Brücke gesprungen.
Häschen Ohne
Scheiss?
Aila Ja.
Häschen Einfach
so? Ganz allein?
Aila Mit
Una und Adorno.
Häschen Und
wo hast du die gelassen?
Aila Sind
noch geblieben.
Häschen Schade.
Una wollte mir noch irgendein Lied zeigen. Sag mal, hast du ne
Zigarette?
Aila Nein.
Ich rauche eigentlich nicht.
Häschen Eigentlich
rauchen wir alle nicht. Warte, ich geh uns zwei schnorren.
Als
Häschen wieder reingegangen war, setzte ich mich auf den
Vorplatzboden und schloss die Augen. Ich wäre gerne ins Koma
gefallen, in diesem einen schönen Moment. Ich wollte in einem
weissen Bett liegen, und viele Leute sollten darum herum stehen. Und
alle sollten heulen.
Häschen Hier.
Aila Danke.
Hast du auch Feuer?
Häschen Ja.
Aila Heute
ist mein Geburtstag.
Ich
ging mit Häschen zurück ins Wohnzimmer, ich holte mir noch etwas
zu trinken, weil mir danach war, hinter dem Schleier zu verschwinden:
Kerouac sagte, ihn interessierten nur die verrückten Menschen, die
die ganze Nacht lang brennen, brennen, brennen. Er sagt das wirklich
so, dreimal. Und wie sollte ich brennen, wenn ich dann schon nach
Hause gegangen wäre – Häschen war plötzlich weg, dafür stand
Una nach einer Weile vor mir, und sie fragte mich, ob ich auch schon
gehört hätte, dass es im Zimmer nebenan gerade zwei auf dem Klavier
trieben. Ich weiss nicht mehr, was wir noch geredet haben. Ich weiss,
dass ich nachher wirklich nach Hause ging. Die Strasse war noch warm
und ich dachte: Es wäre schön, jetzt barfuss zu gehen. Aber ich
konnte mich nicht überwinden, meine Schuhe auszuziehen. Ich mochte
mich nicht bücken und die Schnürsenkel auseinanderziehen. Ich
schaute zum Waldrand, wo wir vorher aus dem Fluss geklettert waren.
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass diese Blätter jemals wieder so
grün sein würden wie am Tag.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen